HEROSE arbeitet mit Hochdruck an den entsprechenden Produkten, um sie seewasserfest zu machen. Von den Herausforderungen einer Technik, die einmal eine Schlüsselrolle im neuen Energiemix einnehmen soll.
Wenn alles fertig ist, sollen die Offshore Windparks einmal ein Sechstel der in Deutschland benötigten Strommenge liefern. Ein überaus ehrgeiziger Plan. Beantragt wurden für die Deutsche Bucht bisher rund 130 Offshore Windparks mit zusammen fast 9000 Rotoren. Fertig ist davon noch keiner. Zwar existieren nördlich von Borkum das kleine Testfeld „Alpha Ventus“ und in der Ostsee das Rotor-Areal „Baltic 1“. Diese stehen aber nahe der Küste. Weit draußen, dorthin, wo der „Rohstoff des Nordens“ (Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer) besonders kräftig weht, hat sich aus unterschiedlichen Gründen erst ein einziger Off shore-Hersteller gewagt: 2010 erfolgte der Baustart für „Bard 1“, einen gigantischen Propellergarten mit 80 Turbinen von je 5 Megawatt Leistung. Insgesamt soll die Nennleistung von „Bard 1“ 400 Megawatt betragen, was dem Strombedarf von mehr als 400.000 Haushalten entspricht. Bislang sind laut Bard-Pressesprecher Andreas Kölling 25 der geplanten 80 Windräder errichtet, die komplette Fertigstellung des Offshore Windparks ist für Anfang 2014 geplant.
Um den auf dem Meer erzeugten Strom an Land ins Netz einzuspeisen, sind eine Reihe von Transformatoren nötig. Auf „Bard 1“ zum Beispiel wird die elektrische Spannung des Drehstroms der insgesamt 80 Windanlagen von 33 kV auf 155 kV angehoben, an die benachbarte Konverterplattform „BorWin 1“ weitergeleitet und von dort aus ebenfalls per Seekabel an Einspeisepunkte an Land übertragen. Um diese Aufgabe wirtschaftlich zu erfüllen, wird die elektrische Spannung vom Offshore-Generator bis zum Verbraucher mehrmals geändert. Auf dem mehrere hundert Kilometer langen Weg zu den städtischen und industriellen Ballungszentren wird der Strom zum Beispiel auf Hochspannungen von 380 kV umgeformt. In den Ballungszentren wird die elektrische Energie auf Mittelspannungen zurückgesetzt und in die regionalen Verteilnetze eingespeist. Verteiltransformatoren in der Nähe der Verbraucher erzeugen schließlich die im Ortsnetz übliche Spannung von 400 Volt.
Auch für HEROSE ist der Offshore-Bereich ein äußerst interessanter Markt. Schon lange sind die Bad Oldesloer Lieferant von Ventilen für Transformatoren im Standardeinsatz an Land, wo sie vorwiegend im Ölkreislauf zum Einsatz kommen. Der Anteil der ENERGY-Produkte am Gesamtumsatz liegt noch bei unter 10 Prozent, soll aber in den kommenden Jahren durch Produktweiter- und Neuentwicklungen stark ausgebaut werden. Erstes Produkt für den Offshore-Einsatz ist der seewasserbeständige Schieber mit der Typen-Bezeichnung 09320. Der Unterschied zum herkömmlichen Produkt: Für Gehäuse und Innenteile wird eine spezielle Bronzelegierung eingesetzt, welche resistent gegen Korrosion durch Salzwasser ist. Zurzeit werden weitere Produkte von HEROSE auf den Einsatz auf hoher See vorbereitet, zum Beispiel das Ausflussventil vom Typ 03199. Um das Material unter realitätsähnlichen Bedingungen zu prüfen, läuft in Zusammenarbeit mit einem namhaften Hersteller von Transformatoren, ein aufwendiger Salzsprühtest. HEROSE-Geschäftsführer Dirk Zschalich: „Auch beim Thema Offshore zeigen wir das starke Engagement in Forschung und Entwicklung, das unsere Kunden von uns erwarten dürfen.“ Nach ersten Erfahrungen hat sich gezeigt, dass Transformatoren auf Offshore-Windanlagen ganz anderen Belastungen ausgesetzt sind als bei Windanlagen in Küstennähe. Wind und Salzwasser setzen dem Material sehr viel stärker zu als gedacht. Transformatoren auf hoher See sollten möglichst wartungsfrei sein, denn wenn ein Trafo kaputtgeht, kann das im ungünstigsten Fall einen Stillstand des gesamten Windparks von bis zu einem Jahr bedeuten.
Ein Jahr Stillstand? Das ist eher noch knapp gerechnet. Offshore-Transformator kühlen mit bis zu 40 Tonnen Öl. Dieses Öl muss erst einmal abgelassen werden, bevor überhaupt repariert werden kann. Und das auf hoher See, wo teilweise Witterungsbedingungen herrschen, die ein Anfahren mit Schiffen über Wochen hinweg unmöglich machen. Stellt sich dann heraus, dass die Schäden nicht reparabel sind, muss ein neuer Trafo in Auftrag gegeben, gebaut und installiert werden. Das allein nimmt zurzeit durchschnittlich zwölf Monate in Anspruch. Die Erzeugung von Strom auf hoher See ist ein ganz entscheidender Faktor bei der vor uns liegenden Energiewende. So sollen etwa bis zum Jahr 2020 laut politischer Vorgabe der EU-Regierungschefs erneuerbare Energien 20 Prozent des Verbrauchs decken, gleichzeitig soll der Treibhausgas-Ausstoß um 20 Prozent reduziert und die Energie um 20 Prozent effizienter genutzt werden.
Photo oben: Alpha Ventus, Bard 1