Die AIDAnova war das weltweit erste LNG-Kreuzfahrtschiff. Nach fünf Jahren Betrieb fanden eine umfassende Inspektion und ein Service für die zahlreichen HEROSE-Ventile an Bord statt.
AIDA Cruises verwirklicht Urlaubsträume und arbeitet beständig daran, seine Schiffe umweltfreundlicher zu machen. Kapitän Boris Becker begleitet die AIDAnova seit der Bauphase: „Vor fünf Jahren waren wir die Einzigen mit LNG-Antrieb auf einem Kreuzfahrtschiff. Wir haben technische Pionierarbeit geleistet.“ Als Treibstoff ist LNG umweltfreundlicher, aufgrund geringerer Treibhausgas- und Schadstoffemissionen.
Boxenstopp bei voller Fahrt
Das Schiff beeindruckt durch seine Größe: Mit rund 2600 Kabinen, 17 Restaurants, Bars, Wasserrutschen, Spa und Sportbereich an Bord ist es eine schwimmende Kleinstadt. Mit 337 Meter Länge ist es derzeit das siebtgrößte Kreuzfahrtschiff der Welt. Insgesamt sind rund 350 HEROSE-Ventile an Bord verbaut, also mehr als ein Ventil pro Meter Schiffslänge. Die HEROSE-Ventile in der Gasanlage erfüllen wichtige Aufgaben: Absperrung, Steuerung, Druckregulierung, Temperaturregelung, Notabschaltung (ESD), Lagertankmanagement, Entlüftung, Sicherheitsentlastung und LNG-Verladung. Die alle fünf Jahre notwendige Klasseninspektion sowie der darin vorgeschriebene Service für die Ventile fanden bei laufendem Betrieb statt – oben Urlaub und unten Inspektion. Das ist nur möglich, weil Passagierschiffe – auch aus Sicherheitsgründen – eine hohe Redundanz haben. Wichtige technische Einrichtungen sind mindestens doppelt vorhanden. So kann man auf einen Teil der Anlage temporär verzichten.
Liquefied Natural Gas als Treibstoff – aus Umweltgründen
Das LNG-Kreuzfahrtschiff AIDAnova fährt mit Liquefid Natural Gas, das alle zwei Wochen in Rotterdam gebunkert wird. Dann kommt das Bunkerschiff längsseits, die Anschlüsse werden gelegt und die Außenseite des Schiffes wird für die Betankung gesperrt. Es gibt drei Tanks: zwei große und einen kleinen. Vollgetankt kann das Schiff rund 4000 Seemeilen weit fahren. Das tiefkalte LNG mit -162 °Celsius ist zwar eine Herausforderung für die Handhabung und Lagerung an Bord. Daniel Henning, der Staff Chief Engineer des Schiffes sagt aber: „Das LNG-Handling ist kontrollierter und sicherer als der Umgang mit herkömmlichen Treibstoff.“ Es gibt extra einen LNG-Ingenieur an Bord und die Crew benötigt eine spezielle Ausbildung, um die LNG-Systeme zu bedienen und zu warten. Henning ist von Anfang an dabei und war der erste LNG-Ingenieur auf der AIDAnova. Nach der erfolgreichen Inbetriebnahme des Schiffes kamen Ingenieure der anderen Marken des Mutterkonzerns auf das Pionier-Schiff, um zu lernen und von den Erfahrungen zu profitieren.
Mit der AIDAnova haben wir das erste LNG-Kreuzfahrtschiff in Dienst gestellt – dafür war einige Pionierarbeit notwendig.
Boris Becker, Kapitän AIDAnova
Die Inspektion durch eine Klassifikationsgesellschaft ist der Schiffs-TÜV
Bei einer Klasseninspektion werden alle technischen Installationen überprüft; dazu gehören natürlich auch die zahlreichen Ventile in der Gasanlage und im Treibstoffsystem. „Wenn an einer Seite geschraubt wird, benutzen wir die andere Seite – es ist alles zwei Mal da,“ sagt Markus Cordes, Senior Ship Manager bei der Carnival Maritime GmbH. Gute Planung ist aufgrund der hohen Sicherheitsvorkehrungen ein Muss. Die Gastanks befinden sich in Räumen mit Schutzatmosphäre, also mit reduziertem Sauerstoff. In allen Gasbereichen gibt es Gasdetektoren, Drucksensoren und Kameraüberwachung. Im Engine Control Room laufen die Informationen zusammen – hier werden die Gasanlage und die vier 16-Zylinder-Motoren gesteuert und kontrolliert. All diese Technik wird bei der Klasseninspektion überprüft und gewartet.
Von minus 162 °Celsius auf plus 20 °Celsius und wieder zurück
Das Herzstück der Gasanlage auf dem LNG-Kreuzfahrtschiff AIDAnova ist der Tank Connection Space (TCS), hier befinden sich die meisten der 350 HEROSE-Ventile und die Verdampfer, die das flüssige und tiefkalte LNG wieder in gasförmigen Zustand bringen und für die Motoren auf 30 °Celsius erwärmen. Für jeden der drei LNG-Tanks gibt es einen Tank Connection Space. Zur Inspektion wird jeweils ein Bereich gasfrei gemacht, also von minus 162 °Celsius auf plus 20 °Celsius gebracht – erst dann kann an der Anlage und den Ventilen gearbeitet werden. Nach den Inspektionsarbeiten wird mit dem tiefkalten LNG aus einem der beiden anderen Tanks, der fertig inspiziert ist, wieder heruntergekühlt. Dabei sinkt die Temperatur in einer Stunde um rund 10 °Celsius – von plus 20 °Celsius bis minus 162 °Celsius dauert das gut 20 Stunden.
Da arbeiten, wo andere Urlaub machen
Matthias Reinhardt ist Leiter Kundenservice bei HEROSE und hat den Service-Einsatz für die Ventile an Bord der AIDAnova geplant sowie in allen drei TCS auch erfolgreich durchgeführt. Die gültigen Klassenvorschriften sehen einen Austausch der Weichdichtungen aller Ventile nach fünf Jahren vor. Dazu wird am Gehäuse des Ventils die Verschraubung gelöst und der Korpus geöffnet. Um an das Hauptdichtelement zu kommen, muss relativ viel demontiert werden. Jetzt lässt sich die Stopfbuchspackung erneuern, der Ventilteller oder -kegel tauschen. Teilweise wurden auch Ventilsitze nachgeschliffen. Für das Handling großer Ventile, wie DN200, kommen mobile Kettenzüge zum Einsatz. Zwei HEROSE Ventil-Spezialisten waren auf dem Schiff mehrere Wochen tätig.
Vier Mal 20.998 Pferdestärken treiben das LNG-Kreuzfahrtschiff an
Die AIDAnova verfügt über vier Caterpillar 16-Zylindermotoren mit einer Gesamtleistung von 61.760 kW oder 83.970 PS. Es sind Dual-Fuel-Motoren, die es ermöglichen, unterbrechungsfrei sowie unter Last zwischen LNG und herkömmlichem Schiffsdiesel (MGO) zu wechseln. Obwohl die verschiedenen Brennstoffe unterschiedliche Dichten und Heizwerte haben, liefern die Motoren mit beiden Treibstoffen ungefähr die gleiche Höchstleistung. Das Gassystem liefert Brenngas mit einem Druck von 7 bis 11 bar (g) an die Gasventileinheit der Motoren. Aufgrund der geringen Zündqualität von Erdgas muss eine kleine Menge MGO als Pilotbrennstoff eingespritzt werden, um eine Flamme zu erzeugen, die das Gas-Luft-Gemisch im Zylinder entzündet.
Ein LNG-Kreuzfahrtschiff ohne Ruder, das sehr manövrierfähig ist
Das Antriebssystem des Schiffes besteht aus zwei Propellergondeln, sogenannten Azipods. Die Azipod-Systeme sind elektrische Antriebe, ganz ohne Getriebe oder klassische Schraubenwelle. Die Propellergondeln sind am Schiffsrumpf angebracht und um 360° drehbar; daher benötigt das Schiff kein Ruder. Der Elektromotor jedes Azipods hat eine Leistung von 18.500 kW. Die Lastaufnahme der Azipods ist ein bisschen träger; deshalb ist vorausschauendes Fahren notwendig. In Kombination mit den vier Bugstrahlrudern ist die AIDAnova sehr manövrierfähig und kann in den meisten Fällen ohne Schlepperhilfe an- und ablegen.
Dank unserer erfahrenen Crew haben wir die Klasseninspektion erfolgreich durchgeführt.
Markus Cordes, Senior Ship Manager AIDAnova + AIDAcosma
Energieeinsparung als Zukunftsthema
Die Abteilung Energy Saving bei AIDA Cruises prüft an allen Stellen, wo Potenziale sind und was die nächsten Schritte sein können. Wo kann Wärme oder Kälte in die Energiekreisläufe des Schiffes integriert werden? Es gibt z. B. Planungen, den Pilotbrennstoff der Hauptmaschinen auf Bio-Diesel oder Methanol umzustellen. Man forscht und schaut, welcher Weg erfolgversprechend ist. So hat die AIDAnova eine kleine Brennstoffzelle als Testobjekt an Bord, um herauszufinden, wie man das Thema ausweiten kann. Auch HEROSE bearbeitet diese Zukunftsthemen und bietet bereits viele Lösungen an.
AIDA Cruises
AIDA Cruises gehört zur Carnival Corporation und betreibt derzeit 11 Kreuzfahrtschiffe, darunter die Ende 2018 in Dienst gestellte AIDAnova. Das Schiff wurde 2019 als erstes Kreuzfahrtschiff mit dem Blauen Engel ausgezeichnet. Bis 2050 plant AIDA den emissionsneutralen Betrieb der Flotte.
Fotos: Carsten Blatt