Latitude entwickelt eine Trägerrakete und Triebwerke, um kleine Satelliten in den Weltraum zu bringen – bei der Betankung der Rakete sind HEROSE-Produkte mit im Spiel.

 

 

 

Der Countdown läuft, die Ventile werden geöffnet, der kerosinähnliche Raketentreibstoff RP-1 strömt in die Brennkammer, zusammen mit tiefkaltem Sauerstoff – das Triebwerk zündet und die Verbrennung beginnt. Die Kraft des Triebwerks ist hier auf dem Teststand sofort spürbar und auch die Messdaten stimmen – darauf hat Justine Gouraud lange hingearbeitet, sie ist Fluidtechnikerin bei Latitude.

Ein neues Raumfahrtzeitalter beginnt

Lange Zeit war Raumfahrt eine Sache von Staaten und ihren Weltraumagenturen. Heute revolutionieren junge private Unternehmen den Markt. Für eine Vielzahl von modernen digitalen Anwendungen sind die Daten von kleinen Satelliten – sogenannten Smallsats – die unverzichtbare Grundlage. Wer im Weltraum nicht vorn mit dabei ist, wird auf der Erde zukünftig kein Technologieführer sein.

Für viele Geschäftsmodelle werden die Daten der Smallsats immer wichtiger: Satelliten ermöglichen schnelles Internet an jedem Ort der Welt, Erdbeobachtung in Echtzeit für Landwirtschaft, Wissenschaft und staatliche Zwecke, Logistik, Industrie 4.0, autonomes Fahren, Daten und Bilder für die Klimabeobachtung und für die Entwicklung von neuen Technologien. Zahlreiche dieser Dienste bauen Satellitenkonstellationen auf, sie brauchen also viele Smallsats im Weltraum.

 

Smallsats – leicht, schnell, flexibel
Smallsats – leicht, schnell, flexibel - mit einem Gewicht von bis zu 500 Kilogramm
Smallsats haben ein Gewicht von bis zu 500 Kilogramm und liefern die Basis für datenbasierte Geschäftsmodelle. Der Trend geht zu kleineren Satelliten, aus denen oft Konstellationen aufgebaut werden. Die Lebensdauer der kleinen Satelliten ist kürzer, aber mit jeder neuen Generation sind Verbesserungen in der Satellitentechnologie möglich.

 

Hohe Ziele bei Latitude in Frankreich

Im Bereich NewSpace, der neuen Kommerzialisierung der Raumfahrt, tummeln sich viele Start-ups, die die Eintrittsbarriere ins All senken wollen. Das französische Unternehmen Latitude existiert seit fünf Jahren und hat bereits eine Trägerrakete und Triebwerke in der Entwicklung, um schon bald einen Fahrplan mit 50 Starts im Jahr umzusetzen. Dabei entwickelt Latitude nicht nur die Trägerrakete und Triebwerke selbst, sondern auch das Boden-equipment, das für Triebwerktests und Starts notwendig ist.

Für Latitude waren die vergangenen 15 Monate ereignisreich: zwei erfolgreiche Triebwerkstestkampagnen; erhebliche Leistungsverbesserungen beim weiterentwickelten Raketentriebwerk; Eröffnung eines eigenen, drei Hektar großen Testzentrums für Flüssigkeitsantriebe in Frankreich. Anfang 2024 hat Latitude eine Serie-B-Finanzierungsrunde in Höhe von 30 Millionen Dollar angekündigt, die von den bestehenden Investoren unterstützt wird. Inzwischen arbeiten bei Latitude 130 Mitarbeiter an den ehrgeizigen Zielen.

 

Wir verwenden HEROSE-Produkte in unseren drei Prüfständen und sind mit ihrer Leistung sehr zufrieden.

Adrien Bourasseau, Latitude Deputy Head of Test Department

 

Ausrüstung für tiefkalte Umgebungen

Die Entwicklung und das Testen der Navier-Triebwerke sind eine besondere Herausforderung. Der Teststand muss penibel vorbereitet sein, alle Verbindungen für Treibstoffleitungen, Sensoren und Steuerungen müssen gesichert und überprüft sein. Der tiefkalte Sauerstoff verlangt nach besonderer Aufmerksamkeit. Hier kommen die HEROSE-Produkte ins Spiel, die tausendfach in kryogenen Umgebungen ihre hohe Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt haben. Die große Erfahrung in Kombination mit der fachlichen Beratung hat bei Latitude den Ausschlag für die Zusammenarbeit mit HEROSE gegeben. Zum Einsatz kommen Ventile, Filter und Rückschlagventile von HEROSE. Eingesetzt werden die Produkte in den kryogenen Linien, zur Versorgung der Triebwerke mit flüssigem Sauerstoff und für den flüssigen Stickstoff, der den Sauerstoff kühlt.

Die Latitude-Rakete an der Startrampe, 2015 (Model)

So wird die Latitude-Rakete aussehen, wenn sie 2025 das erste Mal an der Startrampe steht.

„Wir sind sehr zufrieden mit den Armaturen und der Zusammenarbeit“, sagt Adrien Bourasseau, er ist stellvertretender Leiter der Testabteilung. Latitude hat bisher drei Prüfstände gebaut: den Navier-Testprüfstand, für den ersten Test in SaxaVord, den Turbopumpenprüfstand, der derzeit entsteht und den Navier-Flugtriebwerkprüfstand, um das voll ausgestattete Triebwerk zu testen. Die Planung ist, die Entwicklung fortzusetzen, um eigenes Bodenequipment aufzubauen – auch hier sollen HEROSE-Produkte verbaut werden.

Modernste Methoden für schnelle Fortschritte

Viele Raketentriebwerke haben eine ähnliche Konstruktion. Im Inneren des Triebwerks sind Kanäle, durch die das Kerosin fließen kann, damit die Brennkammer abkühlt und dadurch eine bessere Einspritzung erfolgt. Die von Latitude entwickelten Navier Triebwerke werden mithilfe eines 3-D-Druckers hergestellt. „Mit dem 3-D-Druck können wir viel schneller sein und innerhalb kurzer Zeit Verbesserungen umsetzen“, sagt Adrien Bourasseau. Diese Technik ermöglicht eine hohe Design-Flexibilität, weil sie erlaubt, verschiedene Designs für die Kanäle zu testen und zu optimieren. Und die Schnelligkeit der Technik hilft, wenn man rund 400 Triebwerke pro Jahr benötigt.

Die Trägerrakete hat Latitude auf den Namen Zephyr getauft, sie ist rund 20 Meter hoch, hat einen Durchmesser von 1,5 Meter. Sie bringt ihre Nutzlast auf 400 bis 700 Kilometer Höhe (die ISS befindet sich auf 400 Kilometer Höhe) und ist in der Lage, die Smallsats so genau auf der richtigen Umlaufbahn zu platzieren, dass die Satelliten selbst keine Antriebe benötigen. Die erste Stufe der Trägerrakete hat sieben Navier-Triebwerke, die für die Geschwindigkeit auf den ersten 100 Höhenkilometern sorgen. Dann teilt sich die Rakete und die zweite Stufe zündet, diese hat ein Navier-Triebwerk, das für den Vakuumbetrieb in luftfreier Umgebung ausgelegt ist.

 

Triebwerke aus 3-D-Druck
Triebwerke aus 3-D-Druck im Druckprozess
Wesentliche Teile der Navier-Triebwerke von Latitude werden mithilfe eines 3-D-Druckers erzeugt. Die riesigen Drucker nutzen ein Pulver namens Inconel, eine spezielle korrosionsbeständige Nickellegierung, und machen daraus in sehr kleinen Schichten das gewünschte Werkstück. Nach dem Druck wird es thermisch behandelt.

 

Ein attraktives Angebot für den Markt der Zukunft

Das junge französische Unternehmen verfolgt das Ziel, eine leistungsfähige Trägerrakete zu entwickeln, die zuverlässig und einfach zu bedienen ist, um dem Markt ein attraktives Angebot zu machen – vor allem, um viele Satelliten innerhalb kurzer Zeit in die exakt richtigen Umlaufbahnen zu bringen. Einer der ersten Kunden wird die französische Regierung sein. Im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung hat die französische Raumfahrt-agentur CNES den ersten Flug bei Latitude gebucht.

Bis zum ersten kommerziellen Start sind noch einige wichtige Schritte zu gehen. Derzeit wird die Turbopumpe getestet – ebenfalls eine Eigenentwicklung. Die Entwicklung und Herstellung der Turbopumpe wird in weniger als einem Jahr vollzogen sein. Der Erstflug einer Zephyr-Trägerrakete ist für Ende 2025 geplant und der erste kommerzielle Flug soll im Jahr 2026 stattfinden.

 

 

Verlässliche Technik für ehrgeizige Ziele

Logo Latitude

Seit der Gründung 2019 hat sich Latitude, mit Sitz in Reims, Frankreich, zu einem der erfolgreichsten Micro-Launcher-Projekte entwickelt. Der Fokus des Unternehmens liegt auf der Verbesserung zuverlässiger Technologien, der schnellen Umsetzung von Innovationen und dem Aufbau verlässlicher und maßgeschneiderter Leistungen für die Kunden.

 

Fotos: Latitude

Posted by HEROSE