Im Sommer 2017 berichtete vc über die Eröffnung einer mobilen LNG-Tankstelle für Lkw in Berlin, der damals erst zweiten in Deutschland. Gebaut wurde der Tankstellentrailer von der niederländischen Firma Cryonorm mit zahlreichen Armaturen von HEROSE. Heute, zwei Jahre später, fragen wir nach: Wie haben sich die Versorgungslage für LNG-betriebene Lkw in Deutschland und Europa und die Beteiligung von HEROSE daran entwickelt? Ein Update.

Feste LNG-Tankstelle nahe Berlin

Aus der mobilen LNG-Tankstelle bei Berlin wurde inzwischen eine stationäre (© Foto: Uniper)

Spätestens mit der Entscheidung der Bundesregierung, LNG-betriebene Lkw mit Wirkung vom 1. Januar 2019 von der Maut zu befreien, ist die Nachfrage nach entsprechenden Fahrzeugen sprunghaft gestiegen. Firmen wie IVECO, SCANIA und VOLVO verzeichnen aktuell 60 bis 80 entsprechende Aufträge pro Monat, insgesamt sind in Europa mittlerweile mehr als 5000 LNG-betriebene Lkw in Fahrt – 2017 waren es gerade 150. Außer der Mautbefreiung gibt es weitere Erleichterungen für Speditionen, die auf LNG-Lkw setzen: So ist die Mineralölsteuer im Vergleich zum Dieselkraftstoff um mehr als die Hälfte günstiger (22 statt 47 Cent ) – und für den Kauf eines Lkw gibt es einen Zuschuss von 12.000 Euro pro Fahrzeug.
Auch der Aufbau der LNG-Infrastruktur nimmt weiter Fahrt auf. War vor zwei Jahren lediglich die Uniper-Tochter Liquis auf dem Markt aktiv, so sind mittlerweile zwei weitere Player im Rennen: Shell und das Berliner Unternehmen Liquind 24/7. Marktführer Liqvis will bis Ende 2020 insgesamt acht LNG-Tankstellen in Deutschland eröffnet haben. Neben den Standorten Ulm und Berlin kam im April eine Station in Kassel hinzu, im Laufe der nächsten 18 Monate sollen Tankstellen in Hamburg, Hannover, München, Köln und am Kamener Kreuz in Nordrhein-Westfalen das Angebot ergänzen.

Maik Rensing, Senior Product Manager von Liqvis zu vc: „Hinzu kommen noch sechs weitere Tankstellen in Frankreich und Belgien.“ Unterstützt wird diese Expansion mit insgesamt 9,6 Millionen Euro aus dem EU-Programm „Connecting Europe Facility for Transport“, dass damit einen LNG-Korridor (LNG Blue Corridor) entlang der europäischen Hauptverkehrsrouten finanziert.
Liqvis sieht LNG als vollwertige Alternative im Fernverkehr an: „LNG ist nicht nur eine Brückentechnologie für die E-Mobilität, wie viele meinen“, sagt Maik Rensing. „Anders als bei E-Lkw gibt es kaum Einschränkungen etwa bei der Reichweite.“ Mit einer Tankfüllung kommt ein Lkw bis zu 1500 km weit.

Für LNG sprechen weiterhin deutlich verringerte Lärmemissionen, weniger Stickoxide und weniger Feinstaub. Und die Pläne gehen weiter. „Derzeit arbeiten wir noch mit fossilem Erdgas“, sagt Rensing, „aber die Perspektive ist, in Zukunft Bio-LNG einzusetzen – aus Biogasanlagen und in Form von Power-to-Gas aus überschüssiger Windkraft.“

Neue LNG-Tankstelle von Shell

Mit Shell ist ein weiterer Player im LNG-Tankstellengeschäft hinzugekommen. Ende 2018 wurde in Hamburg eine erste Station eröffnet, vier weitere Standorte in Deutschland sollen zeitnah hinzukommen, sieben bestehen bereits in den Niederlanden sowie eine in Belgien. Bis 2030 rechnet Shell mit einer weiteren, deutlichen Zunahme der LNG-betriebenen Lkw. Während die Elektromobilität zum Beispiel im Bereich Pkw und Kleintransporter helfen könne, die Emissionen zu verringern, benötige der Schwerlastverkehr auf längere Sicht leistungsfähigere Verbrennungsmotoren mit großer Reichweite. Das sieht auch die Bundesregierung so. Guido Beermann, Staatsekretär im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur: „LNG spielt in der Kraftstoffstrategie unseres Ministeriums eine wichtige Rolle.“
Ein weiterer Bauherr für LNG-Tankstellen ist das Berliner Unternehmen Liquind 24/7, das in Kooperation mit dem Logistikunternehmen KP Logistik an den KP-Standorten Stavenhagen (Mecklenburg-Vorpommern} und Wustermark (Brandenburg) jeweils eine feste LNG-Tankstelle errichtet hat. KP-Logistik hat bei SCANIA 100 LNG-Lkw geordert. „Das ist das bisher größte LNG-Projekt in Deutschland“, sagt Philip Maximilian Braunschweig, Leiter Unternehmensentwicklung bei Liquind. Das im Jahr 2015 gegründete Start-up will europaweit ebenfalls eine Verteilstruktur für LNG aufbauen und erhält dafür auch EU-Fördermittel in Höhe von 3,3 Millionen Euro.

Liqvis, Shell und Liquind überwiegend in Deutschland, weitere Bauherren im europäischen Ausland: Auf dem Weg, ein gut ausgebautes Netz von LNG-Tankstellen in Europa zu schaffen, ist man bereits weit vorangekommen. Bis 2025 soll auf den vier definierten Hauptrouten für LNG-Lkw mindestens alle 400 Kilometer eine Station entstehen. Für ein erstes, ausreichendes LNG-Tankstellennetz in Deutschland sind nach Ansicht von Experten rund zehn Stationen nötig, über einen Ausbau des Netzes auf 40 LNG-Tankstellen könnte auch ein regionaler Lkw-Verkehr mitversorgt werden.

In Deutschland profitiert HEROSE, einer der weltweiten Marktführer für LNG-Armaturen, von diesem Wachstum. Ein langjähriger Partner im LNG Process- (LNG liquification) und Marine-Geschäft (Fuel Systems) ist das niederländische Unternehmen Cryonorm, ein führender Hersteller von LNG-Tankstellen in Europa. Dessen Verkaufsleiter Jos Glorie: „Die Nachfrage nach unseren Anlagen speziell in Deutschland ist zurzeit sehr groß.“

HEROSE-Produktmanager Dirk Kohoutek: „Ein weiterer guter Kunde von uns ist die Firma GasCom, die vor zwei Jahren die mobile LNG-Tankstelle in Berlin errichtet hat und in der Branche weiter intensiv aktiv ist. Und für den Bau einer der ersten LNG-Tankstellen in Hamburg haben wir 2018 zahlreiche Sicherheitsventile und Absperrarmaturen geliefert. Stark vertreten sind wir schließlich im Bereich der ISO-Container, in denen das LNG weltweit auf Schiffen, Eisenbahnen und Aufliegern transportiert werden kann, um dann dem Kunden global zur Verfügung zu stehen.“

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LNG-Tankstelle: Der Anfang ist gemacht (vc 2/2017)

Bei Berlin hat Liqvis eine mobile LNG-Tankstelle eröffnet – mit Armaturen von HEROSE

 

 

Der Griff in den Auspuff beweist es: Sauber ist er, blitzsauber – und das nach 25.000 Kilometern Laufleistung. Auspuff und dazugehörige Sattelzugmaschine stehen an diesem Vormittag auf einem Betriebsparklatz in Grünheide bei Berlin. Hier haben Ende April die Uniper-Tochter Liqvis und der Lebensmittel-Logistikdienstleister Meyer die zweite LNG-Tankstelle für Lkw in Deutschland eröffnet. Uniper ist eines der führenden Unternehmen im LNG-Geschäft. Gebaut wurde der Trailer für die LNG-Tankstelle mit dem Know-how der Firma GasCom, einem Spezialisten für mobile Erdgasversorgung. Er ist mit zahlreichen Armaturen von HEROSE bestückt. Die hochmoderne Tankanlage mit einem Fassungsvermögen von 16.000 kg steht auch externen Spediteuren und Fuhrunternehmen zur Verfügung.

Mit LNG betriebene Lkw zeichnen sich durch eine deutlich höhere Umweltverträglichkeit aus. Sie stoßen nicht nur deutlich weniger Kohlendioxid, Stickoxide und Feinstaub aus, sondern sind auch wesentlich leiser als vergleichbare Fahrzeuge, die mit Diesel betrieben werden. Meyer Logistik integrierte in den vergangenen Monaten 20 Lkw des Herstellers Iveco in seine Flotte. Geschäftsführer Matthias Strehl: „Pro Lkw werden wir in den kommenden fünf Jahren allein rund 50.000   kg CO2 gegenüber einem dieselgetriebenen Fahrzeug einsparen. Mit einer Reichweite von 1500 Kilometern sind LNG-Lkw bei niedrigeren Kraftstoffkosten (- 10 %) und geringerem Schadstoffausstoß so leistungsstark wie ihre Diesel-Pendants.“

Fördersumme von 365.000 Euro

Das Bundesverkehrsministerium, das bei der Eröffnungsfeier durch den Parlamentarischen Staatssekretär Norbert Barthle vertreten war, setzt ebenfalls auf alternative Antriebstechnologien und förderte die Anschaffung der 20 Lkw durch Meyer mit 365.000 Euro. Barthle: „Unser Ziel ist es, mehr Mobilität bei weniger Emissionen zu ermöglichen. Deshalb fördern wir alternative Antriebe und unterstützen den Ausbau der notwendigen Infrastruktur. Gerade beim Straßengüterverkehr, aber auch bei der Binnen- und Seeschifffahrt bietet LNG hervorragende Einsatzmöglichkeiten.“ Die beteiligten Unternehmen leisten mit der Tankstelle in Berlin einen wichtigen Beitrag dazu, den alternativen Treibstoff LNG auch in Deutschland zu etablieren. Liqvis liefert anfänglich rund 600.000 kg LNG pro Jahr nach Grünheide und sorgt für den Betrieb der hochmodernen Tankanlage. Meyer Logistik versorgt mit zunächst 20 LNG-Lkw Kunden aus dem Lebensmittelbereich im Großraum Berlin. Die Iveco-Fahrzeuge vom Typ Stralis 440S40 T/P verfügen über 400 PS, 8,7 Liter Hubraum und zwei LNG-Tanks, die jeweils 220 kg fassen. Eckhard Rümmer, Chief Operating Officer bei Uniper: „Die Errichtung von LNG-Tankstellen ist ein wichtiger Schritt für die Etablierung von LNG als umweltschonenden Kraftstoff im Schwerlastverkehr. Konsumenten legen zunehmend Wert auf emissionsarme Lieferketten. In den nächsten Jahren wollen wir in Deutschland und in einigen Nachbarländern ein bedarfsgerechtes Tankstellennetz aufbauen.“

Für ein erstes LNG-Tankstellennetz in Deutschland sind aufgrund der hohen Reichweite der LNG-Lkw nach Ansicht von Experten weniger als zehn Stationen nötig. Über einen mittelfristigen Ausbau des Netzes auf 40 LNG-Tankstellen könnte auch ein regionaler Lkw-Verkehr mitversorgt werden. Zwei Tankstellen existieren bereits jetzt – neben der in Grünheide eine weitere bei Ulm. Hamburg und das Ruhrgebiet folgen demnächst. Meyer Logistik zeigte sich erfreut über den reibungslosen Testbetrieb mit den LNG-betriebenen Lkw, der seit Januar 2017 läuft. Geschäftsführer Strehl: „Ich bin bereits mehrfach von unseren Fahrern angesprochen worden, die den geringen Lärm und niedrigen Verbrauch des Lkw sowie den unkomplizierten Tankvorgang gelobt haben.“

Dirk Kohoutek, Produktmanager CRYOGENIC bei HEROSE, bei der Eröffnung der Tankstelle in Grünheide vor Ort: „An dem Tankstellen-Trailer sind 14 Absperrarmaturen von HEROSE verbaut, davon zwei mit Antrieb, sowie drei Sicherheitsventile. Die Armaturen sind nach DIN EN 1626 für Cryo-Armaturen und nach DIN EN 12567 für LNG-Armaturen getestet.“ (Im Mai 2017 wurde die Norm durch die DIN EN 28921 ersetzt.) Die LNG-Tankstelle in Grünheide wurde von der Firma GasCom nicht nur gebaut, sie wird auch von ihr mit eigenen Trailern befüllt. Geschäftsführer Norbert Scholz: „Von unserem Rechner in der Firmenzentrale aus überwachen wir alle Parameter der Tankstelle und wissen so immer genau, wann Nachschub nötig ist.“ Über die Zusammenarbeit mit HEROSE sagt Scholz: „Wir arbeiten seit Jahren gut mit HEROSE zusammen. Wir fühlen uns dort sehr gut aufgehoben und würden unsere Zusammenarbeit gern noch ausbauen.“

Meyer: Frisch muss es sein

Der 1949 gegründete Spezialist für Frischetransporte und Lebensmittellogistik ist ein inhabergeführtes mittelständisches Unternehmen. Mit 1800 Mitarbeitern und einem Fuhrpark von rund 1200 Fahrzeugen beliefert die Ludwig Meyer GmbH & Co. KG den europäischen Lebensmitteleinzelhandel, Systemgastronomie und Großküchen.

GasCom: Spezialist für Erdgas

Die GasCom Equipment GmbH ist ein familiengeführtes Unternehmen mit Sitz in Troisdorf, das sich auf die mobile Erdgasversorgung spezialisiert hat. Darunter fällt die mobile Erdgasversorgung von Kommunalnetzen und Industriekunden mit CNG oder LNG ebenso wie die Bereitstellung mobiler Erdgas-Tankstellen z. B. bei Motorsporteinsätzen (Scirocco-R-Cup). GasCom mit aktuell 20 Mitarbeitern hat sich als führende Dienstleister in diesem Segment etabliert und bedient zahlreiche Kunden unterschiedlicher Größe und Branchen.

Uniper/Liqvis: In Europa ganz groß

Liqvis baut als Tochtergesellschaft des internationalen Energieunternehmens Uniper eine bedarfsgerechte Infrastruktur für LNG im Schwerlastverkehr auf.
Uniper ist mit 13.000 Mitarbeitern in Europa, Russland sowie auf weiteren zahlreichen Märkten weltweit aktiv. Das Unternehmen betreibt in Europa Kraftwerke mit einer installierten Leistung von insgesamt rund 40 Gigawatt, schafft mit seinen Handelsaktivitäten Verbindungen zwischen den globalen Energiemärkten und verfügt über direkten Zugang zu LNG-Kapazitäten. Liqvis hat im Juni 2016 in Ulm auch die erste LNG-Tankstelle in Deutschland eröffnet.

Fotos: Carsten Wurr

 

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Posted by HEROSE